Lesung im Literaturhaus
„Für das Fremde gibt es kein Zeichen“
Yoko Tawada liest aus ihrem Werk
Ortrud Gutjahr moderiert
„Reisen heißt für mich, fremdes Wasser zu trinken. Andere Orte, anderes Wasser.”
Wer die Literatur Yoko Tawadas liest und hört, wird immer wieder überrascht. Denn wie keine andere Autorin der Gegenwartsliteratur entwirft die renommierte und vielfach preisgekrönte Schriftstellerin in ihrem Schreiben zwischen Sprachen und Bedeutungen eine interkulturelle Poetik und Sprachtheorie zugleich. In ihren konzentrierten Texten, die nicht selten zwischen poetischen, fantastischen, essayistischen und traktathaften Formen changieren, geht es immer auch um die Erkundung der Sprache und deren verblüffende Möglichkeiten, ihre eigenen Grenzen zu überwinden. So werden konventionalisierte Bedeutungen und vertraute Konnotationen durch ungewöhnliche Wortgefüge ins Fremdartige verwandelt und verlangen dergestalt nach erneuter Erschließung. Gerade als Effekt einer fließenden Metamorphose von Bedeutung ist das Fremde, für das es im Japanischen kein Zeichen gibt, in Tawadas Schreiben aber eng mit dem Wasser verknüpft, mit seiner Unfasslichkeit wie auch einer ozeanischen Verbindungskraft von Kulturen und Kontinenten.
Die Schriftstellerin, die in Japan aufwuchs, an der Universität Hamburg Germanistik studierte und hier auch zur Sprachmagie in der europäischen Literatur promovierte, hat derzeit die erste, von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius geförderte Hamburger Gastprofessur für Interkulturelle Poetik („Inpoet”) inne und hält im Cassirer-Hörsaal an der Universität frei zugängliche Vorlesungen. Die internationale Tagung „Fremde Wasser” findet zu Ehren Tawadas am 23. und 24. Juni im Literaturhaus statt. Sie widmet sich dem schreibenden Navigieren an den Grenzbereichen kulturspezifischer Bedeutungen, das die Literatur Tawadas einzigartig macht. In der Abendveranstaltung am 23. Juni liest Yoko Tawada aus ihrer Neuerscheinung „Abenteuer der deutschen Grammatik”, einer Sammlung von Gedichten und dichten poetischen Texten, und stellt Kostproben aus ihrem nächsten Buch vor, das den Titel „Vierundzwanzig” tragen soll. Über den Schreibprozess und die literarische Verarbeitung ihrer vielfältigen Reiseerfahrungen spricht Ortrud Gutjahr, Professorin für Interkulturelle Literaturwissenschaft an der Universität Hamburg, mit der Autorin.
Literaturhaus Hamburg | Donnerstag, 23. Juni, 20:00 Uhr | 8,-/6,-/4,- Euro
Ankündigungstext „Für das Fremde gibt es kein Zeichen“ (PDF)